Achtsamkeit & Körperpsychotherapie – eine Übung
Der Körper ist ein lebendiges, kraftvolles und zeitgleich verletzliches Wesen – ein Wunderwerk an Wahrnehmungsfähigkeit. Alleine das zentrales Nervensystem, bestehend aus Gehirn und Rückenmark, verfügt über ca. 85 Milliarden Nervenzellen, die mit der Peripherie gänzlich vernetzt sind.
Millionen von Nervenleitungen sind in ständigem Austausch im Miteinander und der Außenwelt. Wenn der Austausch von Informationen ungehindert fließt, sind wir in der Lage, Reize zu verarbeiten und uns gut zu regulieren, um eine Stabilität und ein Sicherheitsgefühl im Körperinnern herzustellen. Menschen mit gut regulierten Nervensystemen, können sich im Kontakt gegenseitig beruhigen, unterstützen, stärken und somit Krisen bewältigen. Diese Fähigkeiten bezeichnet man als Resilienz und Co-Regulation.
In Krisenzeiten kommen mehr Reize (Auslöser im Außen oder z.B. in der eigenen Gedankenwelt) an, als verarbeitet werden können. Was zuvor noch als Resilienz erlebt wurde, kann sich schnell in ein Gefühl der Bedrohung und Unsicherheit umschlagen. Gefühle von Angst und Panik, Scham oder Einsamkeit werden zu täglichen Begleitern.
Jegliche Form von Sucht, ist der Versuch diesen schmerzhaften Gefühlen zu entkommen, nichts mehr spüren zu müssen. Der Mensch ist auf der Flucht vor sich selbst und somit vor der eigenen Körperlichkeit.
Wir arbeiten bei LIFESPRING unter anderem mit Achtsamkeits- und Körperübungen, um das Gefühl der inneren Sicherheit wiederherzustellen. Das bewusste Wahrnehmen und differenzieren von Körperempfinden, Gefühlen und Geistesaktivität, führt zu mehr Bewusstheit im Hier und Jetzt. Dies ermöglicht nicht nur mehr Ruhe und Entspannung im Körper zu empfinden, sondern schafft auch das nötige Grundverständnis über den Zusammenhang von Körper und Psyche.
Eine beispielhafte Übung hierzu ist die bewusste Wahrnehmung seiner eigenen Schritte, um wieder „den Boden unter den Füßen“ zu spüren. Man lernt sich aufzurichten, um die für sich passenden Schritte in Richtung Genesung gehen zu können. Das Nervensystem wird dabei angemessen aktiviert und reguliert, der Atem vertieft sich und das Immunsystem wird gestärkt.
Sind Sie neugierig geworden und haben vielleicht Lust auf eine kleine Übung?
Sie nennt sich die 5-4-3-2-1 Übung und beruht auf einer von der Psychotherapeutin Yvonne Dolan entwickelte Technik.
Finden Sie einen angenehmen und gleichzeitig stabilen Stand. Atmen sie ein paar Mal tief durch und schließen sie für einen Moment die Augen.
Nun beginnen Sie sich für ein paar Minuten genüsslich zu strecken und zu dehnen. Jetzt können Sie mit der Übung starten – los geht’s.
Die Übung besteht aus den folgenden Schritten:
- Schritt: Finden Sie eine bequeme und entspannte Haltung und lassen für einen Moment ihren Blick ruhen.
- Schritt: zählen Sie fünf Dinge auf, die Sie gerade sehen können. (Ich sehe z.B. das Fenster, den Baum, den Himmel, einen Stuhl, meine Schuhe)
- Schritt: lenken Sie nun Ihre ganze Aufmerksamkeit auf das, was Sie gerade hören können. (Vogelgezwitscher, ich höre eine Tür schlagen, ich höre Lachen auf dem Flur, ich höre vorbeifahrende Autos, ich höre die Stille im Raum).
- Schritt: jetzt nehmen Sie bitte wahr was Sie gerade spüren können. (Ich spüre meine Füße, ich spüre meinen Rücken, ich spüre, dass es mir etwas kühl ist, ich spüre ein kribbeln am Bein).
- Die Schritte 2, 3, 4 wiederholt man nun mit vier Dingen die man sieht, hört und spürt dann geht es weiter mit drei Dingen, zwei Dingen und zum Schluss nur mit einer Wahrnehmung.
Was haben Sie erlebt? Wie spüren Sie sich jetzt? Sind Sie mehr im Hier & Jetzt angekommen? Bevor Sie wieder ihre Alltagsaktivität aufnehmen, schenken Sie sich einen Moment Zeit, das erlebte bewusst wahrzunehmen, so kann ihr Nervensystem die Informationen verarbeiten und abspeichern.