Wie lange dauern Entgiftung, Entzug und Reha bei Alkohol?

Wie lange dauern Entgiftung, Entzug und Reha bei Alkohol?

  |     |  

Karin M. (54) ist alkoholabhängig. Nun steht sie vor dem Scherbenhaufen ihrer jahrelangen Sucht: Ihr Mann hat sie verlassen und die Scheidung eingereicht. Die gemeinsamen Kinder sind ebenfalls ausgezogen, da sie die ständigen Abstürze und Exzesse ihrer Mutter nicht mehr ertragen. Jetzt lebt sie allein in dem viel zu großen Haus – auf Abruf, da es zum Verkauf steht. Karin M. will es noch nicht wahrhaben, spürt aber unbewusst, dass sie etwas ändern muss.

Quälende Fragen im Vorfeld des Entzugs

Voller Ängste und Selbstzweifel quälen sie Fragen, wie: Wo finde ich vertrauenswürdige und verständnisvolle Hilfe? Denn eine – letztlich desaströse – Zwangseinweisung hat sie bereits hinter sich. Auch übersteigt es zurzeit ihr Vorstellungsvermögen, ob und wie sie von ihrer Sucht loskommen kann. Und schließlich fragt sie sich, wie lange ein Entzug wohl dauert, denn sie betreibt einen Beautysalon, den sie aber – genauso wie sich selbst – vernachlässigt. Entsprechend steht ihre berufliche Existenz ebenfalls auf dem Spiel.

Diese zum Schutz der Privatsphäre leicht abgewandelte Fallgeschichte ist im Kern real. Sie spielt sich gerade so ähnlich in meinem Bekanntenkreis ab. Ich möchte dieses Beispiel zum Anlass nehmen, heute der Frage nachzugehen: Wie lange dauern bei Alkoholabhängigkeit alle Behandlungsoptionen: angefangen bei der Entgiftung über den Entzug bis hin zur anschließenden Reha sowie ggf. auch einer weiterführenden Nachsorge?

Orientierung bietet die S3-Leitlinie

Orientierung für alle Fragen der Behandlung von Alkoholsucht in Deutschland bietet die S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen“. Sie gibt entsprechende Empfehlungen für die Behandlung wieder. Diese stammen von anerkannten Experten unter Mitwirkung und Einbindung von mit der Materie befassten Arbeitsgemeinschaften, Fachgesellschaften, Organisationen und Verbänden – auch aus den Bereichen Patientenvertretung, Selbsthilfe und Angehörige.

Die (rein) körperliche Entgiftung

Die aktuell gültige Behandlungsleitlinie unterscheidet bei der Akutbehandlung zwischen der „Körperlichen Entgiftung“ und der „Qualifizierten Entzugsbehandlung“. Bei der Körperlichen Entgiftung liegt der Fokus auf der Behandlung von akuten Vergiftungserscheinungen und Entzugssymptomen. Sie können Folge einer akuten Alkoholvergiftung und/oder eines Trinkstopps nach dauerhaftem, schädlichem und abhängigem Alkoholkonsum sein. Bei unbehandelten Patienten sind dies zum Beispiel Verwirrtheitszustände, epileptische Anfälle und Herzkreislaufreaktionen unterschiedlicher Ausprägung. Im Vordergrund der Therapie steht daher zunächst die Überwachung und Sicherstellung der Vitalfunktionen.

Die Dauer der Entgiftung hängt von der Dauer und Menge des Konsums, der individuellen Schwere der Symptome sowie dem ebenso individuellen Ansprechen auf die Behandlung ab. Auch spielen Begleit- und Folgeerkrankungen eine Rolle. Häufige sogenannte Komorbiditäten sind zum Beispiel Erkrankungen der Leber und der Bauchspeicheldrüse.

Insofern ist es nicht einfach, zur Dauer einer Entgiftung allgemeingültige Aussagen zu treffen. Einen Anhaltspunkt liefern Erfahrungswerte beim Verlauf vegetativer Entzugserscheinungen. Sie äußern sich zum Beispiel in Hyperaktivität, erhöhter Ängstlichkeit, Zittern, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen sowie schnellem Puls und erhöhtem Blutdruck. Ihr Höhepunkt ist in der Regel spätestens nach eineinviertel Tagen erreicht und ebbt dann meist schrittweise nach bis zu gut zwei Tagen wieder ab.

Diese und andere mögliche Entzugssymptome bergen zwangsläufig Gesundheitsrisiken – unter Umständen auch schwerwiegende. Daher ist von einer Trinkmengenreduktion oder einem vollständigen Entzug in Eigenregie dringend abzuraten. Denn nur eine Entgiftungsbehandlung unter suchtmedizinischer Kontrolle kann die Entzugssymptome lindern und hiermit verbundene Gesundheitsgefahren entschärfen. Aufgrund ausgefeilter Medikationen kommt es dabei heutzutage nur noch selten zu Komplikationen.

Der Qualifizierte Entzug

Diese einfache Entgiftung stellt aber noch keine Behandlung der zugrundeliegenden Suchterkrankung dar. Die Leitlinie hält daher das Angebot eines Qualifizierten Entzugs für dringend angeraten – besonders in schwereren und chronischen Fällen von Alkoholmissbrauch. Der „Qualifizierte Entzug“ ist dabei keineswegs etwas komplett anderes als die körperliche Entgiftung. Er schließt diese vielmehr mit ein, geht aber deutlich darüber hinaus.

So stehen hier auch psychische und soziale Aspekte im Fokus, so zum Beispiel: Wie ist es zur Entwicklung der Alkoholsucht gekommen? Welche Funktion erfüllt diese für den jeweiligen Patienten? Liegen neben körperlichen auch seelische Begleit- und Folgekrankheiten (z. B. Depression) vor? Inwieweit wirkt sich das Umfeld des Patienten begünstigend auf seine Alkoholsucht aus (z. B. Probleme in Partnerschaft, Familie und/oder Beruf)? Wesentlich ist auch der Blick auf die Zukunft des Patienten: Wie können seine Bereitschaft und Kompetenz zur Veränderung aktiviert sowie die Stabilisierung der Abstinenz gefördert werden?

Was genau beutet „Abstinenz“?

Apropos Abstinenz: Was bedeutet dieser Begriff eigentlich? Die S3-Leitlinie führt hierzu aus: „Ziel einer Entzugsbehandlung ist das komplikationslose <<Freiwerden>> vom Suchtmittel (Abstinenz).“ Im Hinblick auf Alkohol präzisiert sie: „das Einstellen jeglichen Alkoholkonsums aus“ – und dies ist ausschlaggebend – eigenem Entschluss. Insofern stellt die Abstinenz und erst recht ihre Aufrechterhaltung eine sehr persönliche und letztlich lebenslange Herausforderung dar.

Wie lange dauert der Qualifizierte Entzug?

Bewährte Mittel der Einwirkung auf den Patienten sind in diesem Sinn psychotherapeutische Behandlungsansätze, wie zum Beispiel die Gesprächs-, Verhaltens- und/oder Gruppentherapie. Die hierbei angestrebten Prozesse der Selbsterkenntnis und Verhaltensänderung setzen vor allem Eins voraus: Zeit und Geduld. Folglich dauert ein qualifizierter Entzug deutlich länger als eine rein körperliche Entgiftung. Die S3-Leitlinie empfiehlt als Regelzeitfenster 21 Behandlungstage.

Allerdings kommt es auch hier auf den Einzelfall an, und mit 21 Tagen ist es meist nicht getan. Daher soll im Rahmen des Qualifizierten Entzugs auch der Weg zu weiterführenden Hilfen geebnet werden. Dies können wohnortnahe Angebote der Psychotherapie, sozialen Arbeit und Selbsthilfe sein. Aber auch sogenannte Postakutbehandlungen, wie zum Beispiel eine Entwöhnungstherapie im Sinne einer Anschlussheilbehandlung kommen – vor allem in hartnäckigeren Fällen – in Betracht. Bei der Anschlussheilbehandlung handelt es sich um einen „Klassiker“ der medizinischen Rehabilitation. Was eine „Reha“, wie der Laie es nennt, im Einzelnen umfasst und bedeutet, wird im anschließenden Abschnitt erläutert. Weil das Vorbereiten dieser Maßnahmen ebenfalls Zeit kostet, kann ein Qualifizierter Entzug je nach individuellem Erfordernis sogar bis zu sechs Wochen dauern.

Die „Reha“ oder sogenannte Postakutbehandlung

Postakutbehandlungen zur Entwöhnung von Alkohol werden meist als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (Reha) durchgeführt. Diese dient der weiteren Verbesserung sowie Wiederherstellung der Funktions- und Leistungsfähigkeit. Dem Abhängigkeitskranken soll es so ermöglicht werden, seinen Platz in Beruf, Gesellschaft und seinem persönlichen Umfeld möglichst bald wieder aktiv auszufüllen. Denn nur dann besteht die Aussicht auf eine stabile und nachhaltige Abstinenz.

Die Länge einer Postakut- und Entwöhnungsbehandlung bemisst sich nicht anders wie Körperliche Entgiftung und Qualifizierter Entzug am individuellen Schweregrad der Abhängigkeitserkrankung und Komorbiditäten. Die persönlichen psychosozialen Rahmenbedingungen spielen hierbei ebenfalls eine wichtige Rolle. Entsprechend breit ist das Spektrum der Zeitfenster, welche die internationale Forschung für empfehlenswert hält. Es reicht von einer Woche bis zu mehreren Monaten.

Patienten profitieren von Entwöhnung in Reha-Einrichtung

Einig ist man sich aber: Patienten, die unter einem höheren Schweregrad der Alkoholkrankheit leiden, profitieren von einer Entwöhnungsbehandlung in einer entsprechenden Reha-Einrichtung. Vor allem senkt sie das Rückfallrisiko. Dabei ist es realistisch, angefangen von der körperlichen Entgiftung über den Qualifizierten Entzug bis hin zum Ende der Entwöhnungsbehandlung sechs bis acht Wochen einzukalkulieren – eventuelle Verlängerungen und weitere wohnortnahe Postakutbehandlungen nicht miteingerechnet.

Nahtloser Anschluss oft nicht gewährleistet

Besonders wichtig ist dabei, dass sich Körperliche Entgiftung, Qualifizierter Entzug, Entwöhnungs-maßnahme und weitere Postakutbehandlungen möglichst nahtlos aneinander anschließen. Denn solange ein Alkoholkranker noch nicht stabil ist, bergen solche „Lücken“ ganz besonders das Risiko, in alte Verhaltens- und Trinkmuster zu verfallen. Dennoch kommt gerade dies immer wieder vor.

Die Akutbehandlung (Körperliche Entgiftung/qualifizierter Entzug) findet nämlich meist in einer anderen Einrichtung (z. B. Akutkrankenhaus) statt als die Entwöhnungstherapie. Letztere erfolgt normalerweise in einer Reha-Einrichtung (z. B. Rehaklinik). Folglich kommt es durch das Aufnahmeverfahren bei einem anderen Leistungserbringer zwangsläufig zu einer Unterbrechung.

Außerdem führt dies in der Regel zu einem Wechsel beim Kostenträger und damit zu einem unter Umständen zeitraubenden Antragsverfahren. Die Kosten einer Akutbehandlung fallen nämlich in den Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherung. Die Bezahlung einer Sucht-Entwöhnung als Maßnahme zur Medizinischen Rehabilitation obliegt hingegen meist der gesetzlichen Rentenversicherung. (Ausnahme: Beamte, von der Rentenversicherung befreite Selbstständige oder Rentner; hier springt unter Umständen dann doch wieder die Krankenkasse ein.)

Welche Vorteile bietet das Konzept von Lifespring?

Die Privatklinik Lifespring in Bad Münstereifel ist auf den Entzug stofflich gebundener Suchtmittel (Alkohol, Kokain, Tabletten und Opioide) spezialisiert. Hier können sowohl Akut- als auch Postakut-behandlungen im Sinne der eingangs genannten S3-Leitlinie durchgeführt werden. Körperliche Entgiftung, Qualifizierter Entzug sowie Sucht-Entwöhnung als Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Reha) werden unter einem Dach angeboten. Ein nahtloser Übergang zwischen den einzelnen Behandlungsphasen ist somit garantiert. Das ist ein enormer Vorteil für den Patienten.

Außerdem bietet Lifespring als stationäre Einrichtung mit überschaubarer Größe ein Haus der kurzen Wege. Hinzu kommt ein überdurchschnittlich hoher Personalstand. Dies schlägt sich in einer ebenso intensiven wie individualisierten Therapie nieder. Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie während des gesamten Aufenthalts von dem Ihnen bereits vertrauten Team an Ärzten, Therapeuten oder Pflegern betreut werden. So müssen Sie in dieser schwierigen Situation nicht wiederholt Vertrauen zu neuen Behandlern fassen. Und es liegen immer alle Befunde aus Ihrer Krankenakte vor – für eine in jeder Phase optimal auf Sie ausgerichteten Behandlung.

Bei einer Gesamttherapiedauer, die – wie bereits oben erwähnt – sechs bis acht Wochen oder mehr erreichen kann, ist auch die Aufenthaltsqualität von besonderer Bedeutung. Hier bietet Lifespring in Sachen Behaglichkeit, Verpflegung und Freizeitwert Rahmenbedingungen, die weit über den sonst üblichen Krankenhausstandards liegen.

Schließlich wird mit Ihnen ein Nachsorgekonzept erarbeitet. So unterstützt Sie das Lifespring-Team bei der Suche wohnortnaher Hilfsangebote. Kontakte zu geeigneten Ärzten, Psychotherapeuten, ambulanten Einrichtungen sowie Selbsthilfegruppen werden so früh wie möglich angebahnt.

Wie lange dauert eine „Reha“ bzw. postakute Behandlung?

Wenn dann der Zeitpunkt gekommen ist, wo sie ohne fremde Hilfe abstinent bleiben können, stellt sich die Frage: Ist damit Ihre postakute Behandlung (Reha) vorbei? Hier kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung versichern: Die mit einem suchtbefreiten Leben verbundene Herausforderung bleibt für einen ehemals Alkoholabhängigen bestehen – lebenslang! Daher ist es gut zu wissen: Sollte angesichts eines Rückfalls eine erneute Intervention und Entwöhnung notwendig sein, steht Ihnen das Team von Lifespring mit gleicher Empathie zur Verfügung wie beim erstem Mal.

Doch zunächst einmal ist es wichtig, überhaupt den ersten Schritt zu tun. Und hier hat meine Bekannte Karin M. aus dem eingangs erwähnten Fallbeispiel wohl noch – leider – einen Weg vor sich. Dabei „könnt‘ alles so einfach sein, isses aber nicht“, heißt es in einer Liedzeile der Fantastischen Vier. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.

Über den Autor
Autor Frank Frank
Im Sommer 2018 bin ich von Lifespring mit der Redaktion dieses Blogs betraut worden und der Autor dieses Beitrags. Mein Name ist Frank. Seit vielen Jahren arbeite ich als freier Redakteur, Texter und Lektor. Auch ich habe eine „Suchtkarriere“ durchlebt. Bei mir war es der Alkohol. Seit 7 Jahren bin ich abstinent. Ich will hier nicht den häufig bemühten Himmel-Hölle-Vergleich bemühen. Denn beim Durchleiden meiner Sucht war nicht alles Hölle. Und jetzt, im Zustand der „Enthaltsamkeit“, ist nicht nur der Himmel auf Erden. Trotzdem war der Ausstieg aus einem alkoholschwangeren Leben die beste Entscheidung, die ich in jüngerer Zeit getroffen habe. Ich habe meine Freiheit und einen überwiegend klaren Kopf zurückgewonnen – auch wenn das Weltgeschehen mit nüchternem und enteuphorisiertem Blick nicht immer leicht zu ertragen ist. In diesem Blog möchte ich unter anderem über aktuelle Themen aus der Suchtforschung, aus dem Klinikalltag von Lifespring sowie aus den behandelten Suchtindikationen berichten. Ganz besonders möchte ich aber eins: Sie, als Betroffene oder Betroffenen, und Ihre unter Umständen ebenfalls betroffenen Angehörigen, genau da „abholen“, wo Sie der Schuh beziehungsweise die Sucht drückt.
LIFESPRING GmbH © 2024 | Impressum | Datenschutz