Schafft man einen Alkoholentzug zu Hause?
Antwort wie so oft: „Es kommt darauf an.“ Sicher gibt es Fälle, wo ein Alkoholentzug zu Hause gelingt. Bevor man sich aber für diesen Weg entscheidet, sollte man sich Folgendes vor Augen halten:
- Je höher der tägliche Alkohol-Konsum ist und je länger dieser schon anhält, desto größer ist die Gefahr für ein Alkoholentzugssyndrom mit B. innerer Unruhe, Panikattacken, Schlafstörungen und Depressionen. Hinzu können körperliche Entzugserscheinungen kommen wie Zittern, Schwitzen und Herzkreislaufreaktionen bis hin zu gefährlichen Komplikationen wie Krampfanfällen und Delirium. Dies gilt besonders, wenn es sich um einen erneuten Entzugsanlauf handelt und es schon bei früheren Versuchen Komplikationen gab. WICHTIG: Sobald sogenannte „vegetative Entzugserscheinungen“ wie Zittern, Schwitzen, und schneller Herzschlag oder starke Unruhe auftreten ist ein Entzug ohne ärztliche Aufsicht potentiell lebensgefährlich und sollte auf keinen Fall alleine durchgeführt werden!
- Diese Risikosituation verschärft sich noch, wenn bereits alkoholbedingte Begleit- und Folgeerkrankungen (z. B. Schädigung von Leber und Bauchspeicheldrüse) vorliegen.
- Auch Lebensumstände und Umfeld spielen eine wichtige Rolle. Ist die Wohnsituation so intakt, dass man überhaupt von einem Zuhause sprechen kann? Ist die Arbeitssituation so, dass man damit die belastende Situation eines Entzug in Einklang bringen kann? Kann man z. B. vom Partner, der Familie, den Freunden sowie den Arbeitskollegen eine aktive Unterstützung beim Alkoholverzicht erwarten? Oder ist die Arbeits-, Partnerschafts- und Wohnsituation eher instabil und belastend? Oder überwiegt im sozialen Umfeld sogar eher ein ebenfalls schädlicher bis abhängiger Alkoholkonsum?
Nicht zuletzt sollte man an die nachhaltige Aufrechterhaltung der Abstinenz denken. Denn dies ist für viele oft die eigentliche und schwierigste Herausforderung. Dies gelingt – erwiesenermaßen – eher, wenn man den Ursachen seiner Suchterkrankung (z. B. im Rahmen einer Psychotherapie) auf den Grund geht. Schließlich stehen bei einem Entzug zwangsläufig Änderungen von eingeschliffenen Verhaltensmustern und (Trink-)Gewohnheiten im Mittelpunkt. Der Einstieg in diesen Wandel fällt erfahrungsgemäß leichter, wenn man für eine gewisse Zeit – z. B. im Rahmen eines stationären Entzugs – die gewohnte Umgebung verlässt.
Funktioniert ein langsamer Entzug zuhause?
Eine schrittweise Trinkmengenreduktion (Stichwort „Kontrolliertes Trinken“) ist heute eine durchaus anerkannte Alternative, um einen Weg aus der Alkoholabhängigkeit zu finden. Man reduziert hierbei z. B. die tägliche Trinkmenge nach selbstgesetzten Regeln – bis hin zur Steigerung abstinenter Tage. Die Gefahr von Entzugssymptomen kann damit verringert werden – gerade auch im Hinblick auf einen häuslichen Entzug. Dies mag zunächst verlockend klingen. Zu bedenken ist aber: Auch dieses Vorgehen erfordert Willensstärke, Selbstdisziplin und Veränderungsbereitschaft. Mehr noch, es gibt Menschen, denen fällt ein abrupter Trinkstopp leichter – getreu dem Motto: „Entweder alles oder nichts!“. Außerdem gilt der Weg des kontrollierten Trinkens im Vergleich zur Abstinenz als zweitbester Weg. Denn es handelt sich letztlich „nur“ um eine Art Schadensbegrenzung. Immerhin: Wer die Abstinenz auf Anhieb nicht schafft, für den ist das kontrollierte Trinken besser, als einen hochriskanten bis gesundheitsschädlichen Alkoholkonsum unverändert fortzusetzen. Zudem ist es ja keineswegs ausgeschlossen, über den Weg des Kontrollierten Trinkens doch noch zur Abstinenz zu gelangen.
Gibt es begleitende Online-Angebote?
Ja, die gibt es. Ein Beispiel ist das vom Gesundheitsministerium des Landes Brandenburg geförderte Angebot https://www.selbsthilfealkohol.de/Portal. Sie können Ihr angestrebtes Ziel (Reduktion oder Abstinenz) frei wählen, Tagebuch führen, sich mit anderen Teilnehmern (unter Fantasienamen) austauschen und Ihren Trinkmengenstatus dokumentieren. Die Anmeldung ist kostenlos.