Was ist ein Alkoholentzug?
Wie der Name schon sagt, ist das Ziel eines Alkoholentzugs, den Organismus komplett vom Alkohol zu befreien. Je weniger nüchterne Tage es in der Vergangenheit gab, desto stärker sind meistens auch die darauffolgenden Entzugserscheinungen (z. B. Zittern, Schwitzen, Durchfälle, Übelkeit, Panikattacken, Schlafstörungen, Depressionen, Herzkreislaufreaktionen, Krampfanfälle). Das kann sehr unangenehm und zur körperlichen Belastungsprobe für den Betroffenen werden. Bisweilen sind die Entzugserscheinungen sogar lebensbedrohlich, gerade bei einem „Delirium tremens“, ein Symptom, bei dem sich der Alkoholabhängige in einer Art geistigem Verwirrtheitszustand befindet.
Ist aufgrund der Vorgeschichte eines Betroffenen (z. B. wenn bei vorausgegangenen Entzügen bereits ein Delir aufgetreten ist) mit einer solchen Komplikation zu rechnen, raten Suchtexperten dringend zu einer ärztlich begleiteten Behandlung. Eine erste Anlaufstation kann der Hausarzt oder eine spezielle Suchtberatungsstelle sein. Hier macht sich der Arzt oder Berater ein Bild vom Zustand des Betroffenen, um ihm anschließend eine Therapie oder andere Maßnahmen zu empfehlen. In einem niedrigeren Suchtstadium ist es möglich, den Entzug zu Hause durchzuführen, allerdings auch hier immer nur mit der Unterstützung von Angehörigen, Selbsthilfegruppen und professionellen Beratern. Der ärztlich begleitete Alkoholentzug kann dagegen stationär oder ambulant erfolgen.
Welche Phasen gibt es beim Alkoholentzug?
Der gesamte Prozess des Alkoholentzugs bzw. der Bewältigung des Alkoholproblems lässt sich in mehrere Phasen unterteilen. In den meisten Fällen informiert sich der Alkoholabhängige zunächst im Internet über das Thema und die verschiedenen Angebote. Anschließend nimmt er Kontakt zu einem Hausarzt oder einer Beratungsstelle auf, um gegebenenfalls weitere Schritte einzuleiten. Hier muss vor allem die Bereitschaft, etwas an der eigenen Lage verändern zu wollen, vorhanden sein. Diese mentale Vorbereitungsphase bzw. Phase des Eingestehens fällt bei jedem unterschiedlich aus. Auch die Dauer dieses Prozesses variiert von Mensch zu Mensch.
Als nächstes muss sich der Betroffene (wenn nötig) für eine Entzugsbehandlung entscheiden. Die Therapie kann stationär oder ambulant durchgeführt werden. Dabei unterscheidet man zwischen der bloßen körperlichen Entgiftung und dem Qualifizierten Entzug. Bei der Entgiftung werden Entzugssymptome als Folge des Alkoholentzugs nach dauerhaftem, schädlichem und abhängigem Konsum behandelt. Die Entgiftung ist, sofern es sich um einen Qualifizierte Entzug handelt, in die Entzugsbehandlung eingebettet. In ihr werden neben der Entgiftung auch psycho- sowie soziotherapeutische Maßnahmen ergriffen. Therapeut und Patient beschäftigen sich beispielsweise mit den Fragen nach den Ursachen der Entwicklung der Alkoholsucht oder wie sich das Umfeld auf den Suchtkranken auswirkt. Auch der Blick auf das zukünftige Leben des Patienten spielt dabei eine wesentliche Rolle. Hier werden u.a. Strategien entwickelt, die ihm helfen sollen, die Abstinenz zu stabilisieren und die Bereitschaft zur Veränderung zu fördern.
Im Anschluss an die Entzugsbehandlung folgt die Entwöhnung. Auch diese kann entweder ambulant oder stationär in Form einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation erfolgen. Diese ist dafür da, den Patienten wieder ins gesellschaftliche Leben zu reintegrieren. Sie dient daher vor allem der Verbesserung sowie Herstellung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Abhängigkeitskranken in Beruf, Gesellschaft sowie seinem persönlichen Umfeld. Die Angebote reichen hier von psychotherapeutischen Einzelgesprächen über Gruppensitzungen bis hin zu anderen Therapiemaßnahmen wie etwa abstinenzfördernder Freizeitgestaltung. Nach der Entwöhnung kann sich bedarfsweise eine sogenannte Adaptionsbehandlung anschließen. Sie ist die zweite Phase der medizinischen Rehabilitation und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Vorbereitung auf das Leben nach der Therapie und der Nachsorge. Themen aus der Entwöhnungsphase werden hier außerdem zur weiteren Festigung noch einmal intensiviert aufgegriffen. Die letzte Therapiesäule stellt die (wohnortnahe) Nachsorge dar. Diese ist besonders wichtig, um die neu erlernten Verhaltensmuster weiterhin zu festigen und Rückfällen vorzubeugen. Empfohlen werden hier suchtspezifisch ausgerichtete ambulante Einrichtungen, Selbsthilfegruppen, Ärzte und Psychotherapeuten.
Wie lange dauert er?
Der offiziellen fachmedizinischen S3-Leitlinie für die Behandlung alkoholbezogener Störungen zufolge sollte sich die Dauer der Behandlung individuell an der Schwere der Entzugserscheinungen und der körperlichen und psychischen Begleit- oder Folgeerkrankungen orientieren. Die reine körperliche Entgiftung dauert meist 5 bis 10 Tage. Erst dann ist der Alkohol vollständig aus dem Körper verschwunden. Entscheidet man sich für einen stationäre Therapie (Entgiftung und Qualifizierter Entzug), beträgt der Klinikaufenthalt zwischen drei und sechs Wochen. Der ambulante Entzug dauert nicht selten länger als ein Jahr, da sich der Patient im persönlichen Umfeld befindet und somit keine Intensivbehandlung durchläuft. Die Entwöhnung erfolgt je nach Suchtgrad innerhalb von mehreren (in der Regel drei bis neun) Monaten. Die Nachsorge sollte in regelmäßigen Abständen stattfinden und in den Alltag integriert werden. Unter Umständen ist es angebracht und sinnvoll, diese lebenslang in Anspruch zu nehmen.
Wie läuft er ab?
Beim ambulanten Entzug geht man in der ersten Woche jeden Tag zum Arzt, wo der Zustand des Patienten kontrolliert wird und er bei Bedarf Medikamente bekommt, um die Entzugserscheinungen zu lindern. In der zweiten Woche findet der Arztbesuch nur noch jeden zweiten Tag statt. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine ambulante Entwöhnung nur erfolgen kann, wenn der Patient ein stabiles soziales Umfeld sowie Halt und Unterstützung im Alltag hat. Allein der normale Tagesablauf kann ohnehin oft sehr stressig und kräftezehrend sein. Daher ist es wichtig, im Vorhinein abzuklären, ob alle Bereiche des Alltags, wie etwa Familie, Freunde sowie die Arbeitssituation „gesichert“ sind. Ist dies nicht der Fall, ist eine stationäre Therapie dringend zu empfehlen.
Durch die Integration in den Alltag des Patienten dauert eine ambulante Entwöhnung in der Regel zwischen 12 und 18 Monaten. Angeboten werden solche Maßnahmen meistens von psychosozialen Behandlungs- und Beratungsstellen. Dort finden dann circa ein bis zwei Mal wöchentlich therapeutische Einzel- oder Gruppengespräche statt. Bei einer vorangegangenen ambulanten Entgiftung ist die Entwöhnung nicht Teil des therapeutischen Gesamtpakets. So kommt es oft vor, dass zwischen der Entgiftung und der Entwöhnung eine Lücke entsteht, die häufig eine Rückfallgefahr darstellt. In diesem Fällen gibt es ebenfalls bei vielen Beratungsstellen Überbrückungsangebote, die diese Zeit erleichtern sollen.
Bei einem hohen Suchtgrad erfolgt ein stationärer Entzug im Krankenhaus oder in einer Suchtklinik. Letztere bieten auch einen qualifizierten Entzug an, die über die rein suchtmedizinische Akutbehandlung hinausgeht. Das bedeutet, dass nicht nur der Körper entgiftet wird, sondern auch speziell ausgebildete Fachkräfte vor Ort sind, um die Entgiftung psycho- und soziotherapeutisch zu begleiten. Dazu zählen Gespräche, die Behandlung der Begleit- und Folgeerkrankungen, die Stabilisierung der Abstinenz und die Förderung der Motivation, nach der Therapie weiterführende Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Suchtexperten raten in der Regel zu dieser Form des qualifizierten Entzugs, da dieser die Chancen erhöht, auch in Zukunft alkoholfrei leben zu können.
Der erste offensichtliche Vorteil einer stationären Entwöhnung stellt der schützende Rahmen der Klinik dar. Der Patient kann sich voll und ganz auf sein Vorhaben konzentrieren, ist dabei ungestört und wird nicht mit den üblichen Alltagspflichten konfrontiert. Vielen erleichtert dieses therapeutische Umfeld, sich andere Gewohnheiten anzueignen, und einen Neubeginn ohne Alkohol zu starten. Wie bei der ambulanten Entwöhnung werden auch hier therapeutische Einzel- und Gruppengespräche durchgeführt. Der Unterschied ist aber, dass es sich dabei um eine Vollzeitbehandlung handelt, die zusätzliche Angebote zum Beispiel in Form von Komplementärtherapien (z. B. emotionsfördernde und achtsamkeitsbasierte Behandlungen wie Musik-, Kunst- und Bewegungstherapie sowie Yoga) beinhaltet.
Da besonders in den ersten Monaten nach der Therapie eine hohe Rückfallgefahr besteht, ist auch die Nachsorge sehr wichtig. Die Vorbereitung darauf und die Planung von Interventionsmaßnahmen sind daher Teil der Therapiephasen. Auch hier gibt es eine Vielzahl an Beratungsstellen, die solche Angebote und Maßnahmen anbieten.