Therapeutische Wirkung
Dass es sich bei der Schmerz- und Betäubungsmittelgruppe der Opiate um Stoffe mit einer hohen therapeutischen Wirkung handelt, ist bereits seit vielen Jahrhunderten bekannt. Schon um 4.000 v.Chr. sollen die Ägypter um die heilende und berauschende Wirkung des Schlafmohns gewusst haben. An dieser Stelle sei noch einmal auf den feinen Unterschied zwischen den Begriffen „Opiat“ und „Opioid“ hingewiesen: Unter Opiaten werden diejenigen Arzneimittel verstanden, die aus dem in den unreifen Kapseln des Schlafmohns vorkommenden Rohopium gewonnen werden, beispielsweise Morphium bzw. Morphin. Opioide hingegen sind auch alle synthetisch oder teilsynthetisch hergestellten Substanzen, die eine morphinähnliche Wirkung aufweisen (z.B. Heroin).
Aufgrund ihrer hohen schmerzlindernden Wirkung werden Opioide heutzutage insbesondere bei schwer kranken Schmerzpatienten oder auch als Narkosemittel eingesetzt. Dieser starke Betäubungseffekt ist jedoch leider auch der Grund, weshalb viele, die Opioide konsumieren, schnell in die Spirale der Abhängigkeit rutschen – und allein meist nicht mehr herausfinden.
Abhängigkeitspotenzial
Bei der Stoffgruppe der Opioide handelt es sich um diejenigen Suchtmittel mit dem höchsten Abhängigkeitspotenzial. Um das zu verstehen, lohnt sich ein Blick in unser zentrales Nervensystem: Dort werden in Stress- oder Schmerzsituationen nämlich körpereigene Opioide vermehrt produziert und ausgeschüttet – die Endorphine. An den sogenannten Opiatrezeptoren werden die ausgeschütteten Endorphine dann aktiv. Als Folge wird die Schmerzwahrnehmung im Gehirn unterdrückt. Außerdem setzt eine euphorisierende Wirkung setzt ein. Werden synthetische Opioide eingenommen, führt dies zu einer künstlich provozierten Aktivierung der Opiatrezeptoren und somit auch zu einer ähnlich schmerzstillenden und euphorisierenden Wirkung im zentralen Nervensystem.
Auf diese Weise glauben viele Abhängige, körperliche und auch seelische Schmerzen durch den Konsum von Opioiden „behandeln“ zu können. Sicherlich wird dieser Effekt durch das Auflösen von Angst und Unruhe sowie der stattdessen einsetzenden Euphorie und Schmerzfreiheit auch tatsächlich erreicht – zumindest fürs Erste und vorrübergehend. Doch ist nur den Wenigsten klar, welchen Schaden sie dadurch in Körper und Seele anrichten – und wie schnell sie dadurch in die Abhängigkeit geraten.
Gewöhnungseffekt
Gerade dann, wenn Opioide in erster Linie wegen ihrer euphorisierenden Wirkungen statt zur Schmerzlinderung eingenommen werden, kann schon nach wenigen Verabreichungen der Gewöhnungseffekt und somit auch die Abhängigkeit entstehen. Grund dafür ist die relativ kurze Dauer der stimmungsaufhellenden Wirkung des Opioids. Weil gleichzeitig auch die Toleranz, also die notwendige Dosis zum Verspüren des gewünschten „Kicks“, schon nach wenigen Einnahmen ansteigt, sind eine höhere Dosierung und kürzere Zeitabstände zwischen den Konsumierungen die Folge. Daraus entwickelt sich wiederum nicht nur eine starke psychische Sucht, sondern auch eine ebenso ausgeprägte körperliche Abhängigkeit vom Stoff. Letztere wurzelt vor allem darin, dass die Entzugssymptome zwischen zwei Einnahmen immer rascher und heftiger auftreten und entsprechend gemildert werden wollen. Darunter fallen unter anderem häufig starke Schweißausbrüche, Zitteranfälle, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Fieber und Schlafstörungen sowie Muskelschmerzen und Muskelkrämpfe. Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die psychischen Probleme: Innere Unruhe, Angstzustände, depressive Verstimmungen oder gar Suizidgedanken sind keine Seltenheit.
Überdosis: Auswirkungen bis hin zur Todesfolge
Viele Opioid-Süchtige unterschätzen die starke Wirksamkeit des Stoffes. Infolgedessen ist auch sein Dosierungsspielraum sehr eng bemessen – wenig „hilft“ hier also schon sehr viel. Wer sich dessen nicht bewusst ist oder auf die vermeintliche „Glanzidee“ kommt, Schmerzpflaster auszukochen oder Retardtabletten vor Konsum zu zerkleinern, läuft schnell Gefahr, eine Überdosis einzunehmen. Bei einer akuten Vergiftung kann es dann beispielsweise zu einer Lähmung des zentralen Nervensystems, einer Beeinträchtigung des Atemzentrums oder gar einer kompletten Atemlähmung kommen. Oft endet so eine Überdosis tödlich – besonders dann, wenn nicht direkt ärztliche Hilfe zur Stelle ist.
Verfügbarkeit
Sinnvollerweise gilt in Deutschland nicht nur ein allgemeines Werbeverbot für verschreibungspflichtige Medikamente wie den Opioiden: Auch in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) ist genauestens festgelegt, in welchen Fällen ebendiese Medikamente verschrieben werden dürfen und wie ihre Abgabe und ihr Verbleib zu regeln sind.
Die problemlose Verfügbarkeit von Opioiden sollte dadurch zumindest weitgehend unter Kontrolle gehalten werden – meint man. Dennoch belegt eine Studie aus dem Jahr 2018, dass es in Deutschland schätzungsweise 166.000 Opioid-Abhängige gibt. Im internationalen Vergleich ist das zwar weder eine auffällig hohe noch eine auffällig niedrige Anzahl. Trotzdem lässt sie gewisse Schlüsse darauf zu, dass Opioide als illegale Droge nach wie vor so ausreichend verfügbar sind, dass ihnen jährlich eine ganze Reihe Suchtkranker zum Opfer fallen.