Dauer des kalten Entzugs
Wie lange ein kalter Entzug dauert, ist in der Regel nicht genau vorhersehbar. In den meisten Fällen dauert es aber mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate, bis sich Körper und Psyche an ein Leben ohne Suchtmittel halbwegs gewöhnt haben. Wenn allerdings, wie bei einem warmen Entzug üblich, unterstützende Medikamente eingenommen werden, die die auftretenden Entzugserscheinungen mildern, und eine begleitende Psychotherapie sowie weitere therapeutische Angebote wahrgenommen werden, kann all das den Entzug nicht nur erleichtern, sondern auch beschleunigen. Vor allem aber wird durch diese begleitenden Hilfsmaßnahmen, die einen Entzug deutlich erträglicher gestalten, die Chance erhöht, dass er auch langfristig erfolgreich bleibt. Das alles ist bei einem kalten Entzug, der dann meist allein zu Hause und ohne ärztliche und/oder psychotherapeutische Unterstützung durchgeführt wird, nicht gegeben.
Aus diesen Gründen ist vor einem kalten Entzug eindringlich zu warnen. Hinzu kommt, dass das plötzliche Absetzen des Medikaments zu einer extremen Belastungssituation für Körper und Psyche führt. Diverse Entzugssymptome (Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Übelkeit, Angstzustände, Halluzinationen oder gar epileptische Anfälle oder die Entstehung eines Delirs) sind die Folge – und teilweise können sie unbehandelt sogar lebensbedrohlich werden. Ein suchtmedizinisch erfahrener Arzt sollte daher einen Entzug in jedem Fall immer begleiten und im Notfall auch schnell zur Stelle sein können.
Erfahrungen
Viele Betroffene haben zunächst große Hemmungen, sich und anderen gegenüber ihre Sucht einzugestehen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Daher versuchen sie es zunächst mit einem kalten Entzug, den sie zu Hause und ohne ärztlichen Beistand durchführen wollen. Den allermeisten gelingt das aber nicht. In verschiedenen Internetforen schildern sie ihre Erfahrungen mit einem kalten Entzug – und warnen gleichzeitig andere Betroffene davor, dieselben Fehler zu machen. Beispielhaft dafür stehen die folgenden beiden Kommentare aus dem Forum www.hilferuf.de:
Ich war gerade tanken, auf einmal bekam ich fürchterliche Krämpfe, die Leute sah ich alle wie Fratzen, die Augen funktionierten nicht mehr richtig (…).“ (torasap, hilferuf.de)
„Hallo, mache gerade einen kalten Benzo Entzug (zuhause), die heftigsten Tage kamen nach 10 Tagen erst, Blutdruck total durcheinander, heftige Panik, Angstzustände. (…) Deswegen sollte das keiner allein zuhause machen. Hab schon viel erlebt aber das war das Heftigste !!!!!!!!!“ (Gast, hilferuf.de)
Muss man normalerweise zwar sehr darauf achten, sich von den schlechten Erfahrungen anderer nicht entmutigen zu lassen, so sollte man im Falle eines kalten Entzugs tatsächlich auf den Rat der meisten User hören: Kein kalter, sondern ein qualifizierter Entzug in einer entsprechenden Einrichtung!
Ist ein kalter Entzug sinnvoll?
Um’s kurz zu machen: nein! Benzodiazepine greifen massiv in den Gehirnstoffwechsel ein. Fällt der Nachschub abrupt aus, gerät der Stoffwechsel in den betroffenen Systemen (z. B. GABA-System) zunächst außer Kontrolle. Eine Normalisierung dieser Systeme tritt zwar irgendwann wieder ein – aber dies dauert. Infolge kann es zu diversen körperlichen und psychischen Folgen kommen. Diese einsetzenden Entzugssymptome sind insbesondere dann deutlich ausgeprägt, wenn auf eine Substitution verzichtet wird. Denn in einer Fachklinik beispielsweise wird das jeweilige Benzodiazepin durch ein anderes Präparat aus dieser Wirkstoffgruppe ersetzt, welches durch eine günstigere Halbwertzeit und feiner abstufbare Darreichungsformen eine langsame Dosisreduktion bis hin zum kompletten Absetzen ermöglicht. Bei einem kalten Entzug ist das nicht der Fall. Stattdessen sorgt das plötzliche Absetzen bei vielen Patienten dafür, dass sie beim Auftreten der ersten heftigen Entzugserscheinungen direkt wieder rückfällig werden – weil sie die Symptome ohne lindernde Behandlung nicht ertragen. Von einem kalten Entzug ist daher dringend abzuraten!