Was bedeutet „Langzeittherapie“?
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) unterscheidet bei der sogenannten Entwöhnungsbehandlung zwischen Kurzzeit- und Standardtherapie. Die Standardtherapie ist in diesem Zusammenhang als Langzeittherapie zu verstehen. Dieses Verständnis von einer Langzeittherapie greift auch die offizielle fachmedizinische S3-Leitline zur Behandlung alkoholbezogener Störungen (AWMF-Register Nr. 076-001), der Bundesverband für stationäre Suchthilfe (buss) sowie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) auf. Laut S3-Leitlinie stellt die Entwöhnungsbehandlung aber nur eine von insgesamt vier Therapieabschnitten dar. Insofern erscheint es sinnvoll, den Begriff „Langzeittherapie“ im Kontext mit dem kompletten Behandlungsablauf bei Alkoholabhängigkeit zu betrachten.
Vier modulare Therapiephasen
Insgesamt werden in der S3-Leitlinie bei der Behandlung einer Alkoholabhängigkeit vier Therapiephasen unterschieden:
- Die körperliche Entgiftung konzentriert sich auf die Behandlung von Entzugssymptomen als Folge des Trinkstopps nach dauerhaftem, schädlichen und abhängigem Alkoholkonsum.
- Beim sogenannten Qualifizierten Entzug stehen auch psychische und soziale Aspekte im Blickpunkt (z. B. Ursachen der Sucht, Bereitschaft sowie Kompetenz zur Veränderung).
- Die Entwöhnungsbehandlung als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (Reha) dient der weiteren Verbesserung sowie Herstellung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Abhängigkeitskranken in Beruf, Gesellschaft sowie seinem persönlichen Umfeld.
- Zur weiteren Stabilisierung ist eine wohnortnahe Nachsorge unter Einbeziehung von suchtspezifisch ausgerichteten ambulanten Einrichtungen, Selbsthilfegruppen, Ärzten und Psychotherapeuten empfehlenswert.
Dauer einer Langzeittherapie
Die Dauer einer Suchtbehandlung bei Alkoholabhängigkeit sollte sich immer nach der Schwere der Abhängigkeit und den Heilungsaussichten richten. Insofern sind die folgenden Angaben nur als anhaltgebende Erfahrungswerte zu sehen.
Für einen stationär durchgeführten qualifizierten Entzug – inklusive Entgiftung – werden laut S3-Leitlinie in der Regel 28 Tage veranschlagt. Eine Verlängerung um weitere drei Wochen kann im Einzelfall notwendig sein. Für eine stationäre Entwöhnungsbehandlung als Standard- bzw. Langzeittherapie nennt die DRV eine Dauer von 12 – 15 Wochen, die BzgA und S3-Leitlinie geben eine Spanne von zehn bis 16 Wochen an, während der „buss“ von drei bis neun Monaten spricht. Hieran kann sich bei Bedarf als zweite Phase der medizinischen Rehabilitation eine ambulante sogenannte Adaptionsbehandlung von – laut DRV – bis zu 12 Wochen anschließen. Für die hierauf folgende ambulante Nachsorge empfiehlt die S3-Leitlinie ein Zeitfenster von mindestens einem Jahr.
Alle stationären Behandlungsformen sind grundsätzlich ebenso ambulant möglich. Hierbei gelten allerdings zum Teil andere beziehungsweise längere Zeitintervalle.
Wie beantrage ich eine Langzeittherapie?
Als erste Anlaufstelle empfiehlt sich der Hausarzt. Er kann im Vorfeld Ihr Risikoprofil für Komplikationen abschätzen und Sie für einen Qualifizierten Entzug in ein entsprechend geeignetes Krankenhaus einweisen. Im Krankenhaus ist der dort ansässige Sozialdienst der richtige Ansprechpartner für die Beantragung einer Entwöhnung als medizinische Reha-Maßnahme. Voraussetzung ist natürlich, dass der behandelnde Arzt dies befürwortet bzw. für notwendig hält. In der Rehaklinik wiederum gibt es ebenfalls einen Sozialdienst oder vergleichbare Anlaufstationen. Dort können Adaptionsbehandlung und Nachsorge beantragt werden. Zuhause ist dann wieder Ihr Hausarzt der Ansprechpartner und Koordinator für weitere Maßnahmen. Alternativ zum Hausarzt können auch regionale Suchtberatungsstellen den Weg in eine Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung ebnen und bei den Antragsformalitäten helfen.
Kosten einer Langzeittherapie
Die Kosten für Entgiftung und Qualifizierten Entzug tragen bei gesetzlich Krankenversicherten die gesetzlichen Krankenkassen – zumindest sofern diese in nicht privaten Einrichtungen (sondern zum Beispiel einem klassischen Akutkrankenhaus) absolviert werden. Bei Beihilfeberechtigten (z. B. Beamte) kommt die Beihilfestelle für die Kosten von Entgiftung und Entzug auf. Für privat Krankenversicherte übernimmt – je nach gewähltem Tarif – die jeweilige Privatversicherung diese Behandlungskosten.
Kostenträger für eine Entwöhnungsbehandlung als medizinische Rehabilitationsmaßnahme ist bei gesetzlich Rentenversicherten die Deutsche Rentenversicherung. Über die Anspruchsvoraussetzungen im Detail informiert die DRV. Beamte erhalten für eine Entwöhnungs-Reha entsprechende Unterstützung von der Beihilfestelle. Bei allen anderen (z. B. Selbstständige) tritt – wiederum in Abhängigkeit des jeweils gewählten Tarifs – die private Krankenversicherung ein.
Nachsorgeleistungen fallen wieder in die Zuständigkeit der Krankenversicherung. Bei allen gesetzlichen Kostenträgern ist darüber hinaus eine Zuzahlung zu leisten. Die Zuzahlung von Beihilfeberechtigten orientiert sich hieran. Und auch Privatversicherte haben meist in ihrem Tarif einen Selbstbehalt vereinbart. Bei reinen Selbstzahlern richten sich die Kosten nach den Tagessätzen der jeweiligen Einrichtung. Sie werden auf Anfrage mitgeteilt.
Langzeittherapie in NRW
Für Interessenten an einer Langzeittherapie bei Alkoholabhängigkeit speziell in NRW bietet sich ein Aufruf der Webseite http://www.landesstellesucht-nrw.de/startseite.html an. Dort findet man unter „Hilfe finden“ eine Suchthilfedatenbank mit suchtspezifischen Hilfsangeboten.